Bewegung darf leicht sein – 3 innere Stimmen, die das verhindern

Gastbeitrag von Jasmin Sabine Lotter

„Mir tut alles weh“, erzählte mir meine Physiotherapeutin Beatriz letzte Woche. „Ich hab wieder mit dem Fitness-Studio angefangen und hab es, glaube ich, ein wenig übertrieben!“

„Vielleicht solltest du einfach weniger machen und in kleinen Schritten wieder anfangen“, war mein Kommentar dazu.

„Nee, in keinem Fall. Wenn schon, denn schon! Wenn ich soooo wenig mache, brauch ich ja gar nicht hingehen!“

Vielleicht kennst du ähnliche Stimmen in deinem Kopf? Gerade wenn es ums Thema Bewegung geht, haben wir solche „Antreiber-Gedanken“. Die 10.000-Schritte-am-Tag-Empfehlung der WHO fällt mir dazu ein. Oder die Berichte von Menschen, die 50 kg abgenommen haben und jetzt Marathon laufen.

Über die, die jeden Tag 5 Minuten Stretching in den Alltag einbauen, lesen wir hingegen nichts in der Presse.

Viel zu wenig… viel zu langweilig…? Dabei sind diese Menschen langfristig viel erfolgreicher. Denn sie gehen nicht ständig über ihre Grenzen, sondern lernen, sich selbst zu spüren und mit sich selbst verbunden zu sein. Außerdem halten sie die Veränderung oft auch langfristig durch, weil sie sich als neue Gewohnheit etabliert.

Doch warum sind wir oft so streng mit uns selbst?

Dahinter stecken oft unbewusste Gedanken und Muster. Der Coach und Autor Shirzad Chamine nennt diese inneren Muster Saboteure. Sein Konzept heißt Positive Intelligence® – und es zeigt sehr klar, wie diese Stimmen uns antreiben oder blockieren.

Das Wort „Saboteur“ klingt negativ. Fast so, als ob sie unsere Feinde wären. Auch der berühmte ‚innere Schweinehund‘ ist im Grunde ein Saboteur.

Doch in Wirklichkeit haben diese Stimmen eine positive Funktion: Sie wollen uns schützen. Wir alle hören sie und verhalten uns entsprechend.

Nur passen ihre Strategien heute oft nicht mehr zu unserem Leben – und schaden uns eher, als dass sie uns helfen.

In diesem Artikel erfährst du nicht nur, was innere Saboteure sind, sondern auch, wie sie sich in deinem Körper bemerkbar machen und wie du erste Schritte findest, dich von ihnen zu lösen – damit Bewegung (wieder) leicht und freudvoll sein kann.

Was sind innere Saboteure?

Innere Saboteure sind Denk- und Verhaltensmuster, die sich früh in unserem Leben entwickelt haben. Als Kind hast du vielleicht gelernt, dass du besonders dann Anerkennung bekommst, wenn du gute Noten nach Hause bringst.

Oder du hast gemerkt, dass sich deine Eltern immer dann um dich kümmern und mehr Zeit für dich haben, wenn du krank bist.

Basierend auf diesen Erfahrungen hast du bestimmte Strategien entwickelt, die auch heute noch weiterlaufen. Viele Menschen machen sich das nie bewusst – dabei ist genau das oft der erste befreiende Schritt.

Ein Beispiel: Du machst eine kleine Feldenkrais-Übung. Dein Körper spürt, dass es angenehm ist, langsam zu rollen. Doch im Kopf ertönt die Stimme: „Das reicht nicht. Mach schneller. Gib dir mehr Mühe.“

Schwupps – schon bist du im alten Muster und nicht mehr im Spüren.

Frau sitzt auf Yogamatte mit negativen Gedanken

Drei typische Glaubenssätze – und ihre Saboteure

1. „Ich muss mich mehr anstrengen, damit sich etwas ändert.“

Hier sind die Kontrolleurin (Controller) oder die Leistungsgetriebene (Hyper-Achiever)  am Werk. Sie treiben an, wollen Kontrolle behalten oder ständig Leistung sehen. Innerhalb gewisser Grenzen kann das hilfreich sein – zum Beispiel, wenn du im Job ein wichtiges Projekt abschließen musst.

Doch beim Training führt es dazu, dass du über die Signale deines Körpers hinweggehst,  Müdigkeit oder Schmerzen ignorierst. 

2. „Nur wenn ich etwas leiste, bin ich liebenswert.“

Hier mischen sich die Gefällige (Pleaser) und wieder die Leistungsgetriebene ein.
Die Botschaft: Erst wenn du für andere da bist oder etwas „Großes“ leistest, darfst du dich wertvoll fühlen. Selbstfürsorge wirkt dann schnell egoistisch.

Beim Üben bedeutet das: Entspannen, Loslassen oder „nur wenig machen“ fällt schwer, weil der innere Maßstab immer höher hängt.

3. „Ich krieg das einfach nicht hin.“

Diese Stimme kennst du vielleicht auch: das ist die Perfektionistin (Stickler) in dir oder die Kritikerin (Judge). Sie legen die Latte so hoch, dass jeder Versuch scheitern muss.
Eine Übung fühlt sich nicht „richtig“ an? Du bekommst es nicht so hin wie die anderen? Sofort kommt der Gedanke: „Siehst du, du bist unfähig.“ oder “War doch klar, Du kannst es einfach nicht.”

Dabei geht es bei Feldenkrais gar nicht um richtig oder falsch, sondern ums Erforschen.

Wie Saboteure sich im Körper zeigen

Saboteure sind nicht nur Gedanken – sie machen sich auch im Körper bemerkbar.

  • Angespannte Schultern, die sich anfühlen wie Steinbrocken, wenn die Kontrolleurin drängelt.

  • Ein flaues Gefühl oder ein Knoten im Bauch, wenn die Kritikerin dich beurteilt.

  • Ein Druck auf der Brust, als würde ein Gürtel enger geschnallt, wenn die Gefällige es wieder allen recht machen will.

Gerade in achtsamen Körperübungen tauchen diese Muster schnell auf. Weil plötzlich Ruhe da ist – und in der Stille werden die Stimmen hörbarer.

Ein Beispiel aus der Praxis: Jemand liegt im Feldenkrais-Training entspannt auf der Matte. Die Bewegung ist klein, fast unscheinbar. Und genau da schaltet sich eine Saboteur-Stimme ein: „Das bringt doch nichts. Du verschwendest deine Zeit. Das ist langweilig.“

Das ist die Rastlose (Restless) – sie will immer Abwechslung und Neues, wie ein kleines, drängelndes Kind.
Hast du schon mal gemerkt, wie deine Gedanken im Training lauter wurden, sobald es ganz still wurde?

Warum es sich lohnt, diese Stimmen zu erkennen

Der erste Schritt im Umgang mit Saboteuren ist, sie überhaupt erst zu bemerken. Zu merken: Das ist ja gar nicht meine eigene Wahrheit. Das ist ein Muster, das sich meldet.

Allein dieses Erkennen bringt schon Distanz:

  • Statt „Ich bin zu langsam“ → „Aha, das ist meine Perfektionistin.“

  • Statt „Ich darf keine Pause machen“ → „Interessant, da spricht wohl die Leistungsgetriebene.“

Und plötzlich bist du freier. Du musst diesen Stimmen nicht mehr glauben.

FELDENKRAIS® trifft Positive Intelligenz®

Wusstest du, dass Feldenkrais und Positive Intelligenz® eine spannende Brücke bilden?

  • Feldenkrais schult die Wahrnehmung des Körpers.

  • PQ (Positive Intelligenz®) schult die Wahrnehmung der inneren Stimmen.

Beides ergänzt sich perfekt. Wer lernt, die Signale im Körper zu spüren, bemerkt auch schneller, wenn ein Saboteur übernimmt. Und wer lernt, die Saboteure zu entlarven, kann sich leichter auf das Spüren im Körper einlassen.

Frau sitzt auf Yogamatte und hat positive Gedanken

Ein ermutigender Abschluss

Vielleicht hast du beim Lesen gedacht: „Muss ich mich wirklich weiter mit diesen Saboteuren beschäftigen?“

Ich möchte dir Mut machen: Deine Saboteure sind nicht du. Sie sind alte Muster, innere Monologe, die uns alle begleiten – aber sie definieren uns nicht. Wenn du das erkennst, entsteht Raum für etwas Schönes, nämlich Selbstmitgefühl.

Du kannst lernen, diese Stimmen liebevoll zu bemerken – und dann entscheiden, ob du ihnen folgst oder nicht. Und du kannst deinen Körper nutzen, um ins Spüren zurückzukommen.

Hier kommt der Weise Modus (Sage) ins Spiel: Er ist die Stimme in dir, die neugierig, offen und freundlich bleibt. So kannst du kleine Bewegungen genießen, ohne etwas beweisen zu müssen.

Feldenkrais-Übungen können dir dabei helfen: Sie schenken dir die Erfahrung, dass kleine Bewegungen Großes verändern können.

Dabei wünsche ich dir viel Freude. 

Evelyns Empfehlung: Bild "Die Saboteur-Akte" anklicken und anmelden

Jasmin Sabine Lotter

Jasmin ist Gründerin von Happiemotion und begleitet gestresste Menschen dabei, innere Stressmuster zu erkennen und wieder mehr bei sich selbst anzukommen.

Ihr Fokus: Resilienz stärken, um Herausforderungen gut zu meistern, das Leben genießen und sich von alten Mustern befreien – für ein erfülltes Leben.

Geprägt durch ihre eigene Burnout-Erfahrung lebt sie ihr Motto: „Entschleunigung ist eine Liebeserklärung an dein Leben.“


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