Pausen-los aktiv? Verschnauf‘ doch mal.

Was denn, schon wieder eine Pause? Am Anfang sind wir manchmal irritiert über die vielen Pausen in einer FELDENKRAIS®-Lektion. Und dann soll es noch nötig sein, sich zusätzlich die zu nehmen, die man selbst braucht? Je mehr man sich auf die Stunden einlässt, desto mehr freut man sich über die Pausen, fängt an, sie zu genießen und nimmt sie sich ab und zu auch einfach. Tatsächlich kann man das Gelernte sehr gut in andere Tätigkeiten und den Alltag übernehmen.

Pausen sind fester Bestandteil jeder FELDENKRAIS®-Lektion. Da die Lektionen körperlich meist nicht so anstrengend sind, kann es daran nicht liegen. Wozu gibt es diese Pausen dann?

Eins nach dem anderen

In der Pause kommt der Körper zu einer entspannten Lage zurück. Die Impulse, die ich ihm mit einer bestimmten Bewegung gebe, werden dadurch klarer. Die Bewegungen stehen für sich und werden nicht durch zu schnelle, ununterbrochene Abfolge miteinander vermischt und dadurch undeutlicher und unklar. Und das gilt doch auch für unsere Arbeit aller Art.

Wenn ich abgelenkt werde, eins nicht fertig mache, bevor ich etwas anderes beginne, dann bin ich sehr viel weniger effektiv als ich sein könnte. Eins nach dem anderen zu erledigen ist etwas, was immer schwieriger für uns wird im Zeitalter der ständigen Erreichbarkeit, obwohl der Mythos vom Multitasking längst abgeschafft ist.

In der FELDENKRAIS®-Stunde nehmen wir uns Zeit, eine Bewegung zu machen, dann ruhen wir kurz und machen dann die nächste Bewegung. Das wirkt sich sicherlich – wie auch Meditation und Achtsamkeitstraining – unbewusst positiv auf unser ganzes Leben aus. Doch wir können ja auch mal bewusst versuchen, den Rhythmus einer FELDENKRAIS®-Stunde auf eine andere Aufgabe zu übertragen – berichtet mir bitte von Euren Experimenten!

Lieber früher als später

Mach‘ die Bewegung in dem Bereich, der sich leicht und gut anfühlt. Auch das kennt jeder, der FELDENKRAIS® lernt. Und wer es wirklich ausprobiert, merkt schnell, dass wir tatsächlich mit der Zeit weiter kommen, wenn wir im Wohlfühlbereich bleiben und unseren Bewegungsspielraum nach und nach erweitern. Wenn wir mehr erreichen wollen, als im Moment leicht für uns möglich ist, dann wird die Bewegung eher kleiner und schwieriger. Es ist wichtig, sich eine Pause zu nehmen, wenn es nicht mehr weitergeht. Auch von anderen Arbeiten kenne ich das.

Manchmal komme ich beim Arbeiten zu mir und merke, dass ich wieder alles vergessen habe und zutiefst erschöpft bin – und dann geht gar nichts mehr. Andererseits, wenn ich regelmäßig kurze Pausen mache, etwas trinke und esse, zur Toilette gehe, vielleicht das Fenster öffne oder kurz vor die Tür trete, kann ich besser und länger arbeiten.

Also: kannst Du Dich und Deine Bedürfnisse besser spüren und kannst Du Dir, sowohl in der FELDENKRAIS®-Stunde als auch im Alltag, die Pausen nehmen, die Du brauchst?

Wer bin ich? Und wenn ja, wie viele?

Dieser schöne Titel von Richard David Precht drückt für mich zwei Dinge aus. Zum einen sind wir in unserem Alltag oft so abgelenkt mit all dem, worauf wir reagieren, was wir tun, was wir erleben, dass wir uns selbst kaum noch wahrnehmen. Erst, wenn etwas weh tut und unangenehm wird, fällt uns auf, dass wir einen Körper haben. Zum zweiten haben wir viele Ideen, wie wir sind und wie wir zu sein haben.

In den FELDENKRAIS®-Stunden lernen wir in den Pausen zu uns zu kommen.

Wir spüren, wie wir auf dem Boden liegen und was sich verändert hat, seitdem wir uns das letzte Mal auf dem Boden gespürt haben. Durch dieses Vergleichen lernen wir, was alles möglich ist, wie viele Varianten es von uns selbst gibt. Wir lernen über die Unterschiede, ganz simpel gesagt: wenn unser Gehirn zwei unterschiedliche Eindrücke zur selben Bewegung oder zur selben Körperregion hat, kann es mehr damit anfangen, als wenn es nur eine gibt.

Wir beurteilen nicht, ob wir gut oder richtig auf dem Boden liegen.

Am besten nimmt man sogar Schmerz (wenn er nicht zu vermeiden ist) und Spannung einfach nur wahr und beobachtet die Veränderung.

Oft werden wir überrascht. Erstens durch die Veränderung.
Die „kaputte“ Schulter, die „immer“ „Probleme“ macht, tut plötzlich im Liegen gar nicht mehr weh? Die rechte Körperhälfte war doch letztes Mal die kurze, jetzt ist sie aber viel länger als links?

Zweitens dadurch, was wir alles spüren können.
Mein rechter Fuß ist meistens weiter nach außen gedreht und das kann ich daran spüren, wie meine Ferse aufliegt. Das rechte Ohr ist eindeutig näher an der rechten Schulter als das linke Ohr an der linken Schulter – das ist mir bisher nie aufgefallen. Und so viel mehr.

Drittens tauchen unsere Ideen über uns selbst auf.
Fühle ich mich wohl in meinem Körper oder unangenehm? Ist es für mich einfach, den Bauch loszulassen oder bin ich gewohnt, ihn einzuziehen? Wie blicke ich in die Welt – hocherhobenen Hauptes oder mache ich mich klein und blicke mit großen Augen von unten auf?

So wie unsere Sprache drückt auch unser Körper unsere Beziehung zur (Um)Welt aus.
Die Gelegenheit, diese Denk- und Fühl-Gewohnheiten in mir wahrzunehmen, gibt mir auch die Möglichkeit, diese loszulassen
– immer wieder, denn es sind ja Gewohnheiten, die durch neue Gewohnheiten ersetzt werden. Manchmal schneller, manchmal braucht es Zeit.

Eine Pause im Alltag kann mir genauso helfen, zu mir zu kommen.
Wie läuft es heute? Habe ich wirklich so effektiv gearbeitet, wie ich glaube, oder bin ich heute eher aufgedreht und gestresst? Wie spreche ich innerlich mit mir selbst? Freundlich, streng oder sogar demütigend? Wie würde ich mit einem Menschen sprechen, der mir am Herzen liegt? Wann bin ich fröhlich, was hebt meine Stimmung, was macht mich schlecht gelaunt?

Wenn ich in einer kurzen Pause in mich hinein lausche, kann ich nützliche Antworten bekommen, mit denen ich froher, freier und effektiver meine Aufgaben erfüllen kann.

Viel Spaß beim Entdecken. Und jetzt – eine Pause! 😉

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