Motivation und Gewohnheit – vom Nutzen und der Gefahr der Wiederholung

„Die größte Motivation reicht der kleinsten Gewohnheit nur bis zum Knie.“ Als ein Freund diesen Satz zu mir sagte, stutzte ich erst einmal kurz. Danach habe ich wieder und wieder im Leben erfahren, dass das nur zu wahr ist. In einem meiner Artikel über Neuroplastizität schrieb ich, dass es gut ist, Dinge auf verschiedene Weisen zu tun, um unser Gehirn zu fordern. Sind Gewohnheiten also schlecht für uns? Oder brauchen wir sie zum Überleben?

Evolutionär gesehen funktionieren, leben und sterben wir in Gewohnheiten.

Wenn wir lernen, dass dieser Weg der beste zur Arbeit ist und wir immer wieder diesen Weg fahren, dann entsteht in unserem Gehirn eine schnelle und effektive Neuronen(auto)bahn für diese Handlung. Die Schnelligkeit geht auf Kosten der Bewusstheit unseres Handelns: wir machen etwas automatisch, ohne darüber nachzudenken. Wenn eine Baustelle die Durchfahrt auf unserem gewohnten Weg versperrt, kann es passieren, dass wir mehr als einmal vor der Sperrung stehen, bevor wir uns daran erinnern. Es ist unsere Gewohnheit, hier lang zu fahren. Und Gewohnheiten sind nicht so leicht zu ändern.

Wir brauchen solche Automatismen, damit wir nicht jede Handlung im Alltag wieder neu betrachten, planen, entscheiden und bewusst umsetzen müssen. Wenn wir eine Handlung automatisch ausführen, verbraucht sie weniger unserer Zeit, Aufmerksamkeit, Energie und Motivation.
Stell Dir vor, Du müsstest es jeden Abend von Neuem mit Dir ausdiskutieren, ob es nun sinnvoll ist, die Zähne zu putzen und wie das am besten geht – so, wie das Eltern mit ihren kleinen Kindern machen müssen, weil sie noch nicht diese Gewohnheit haben. Anstrengend, oder? Warum ist es manchmal gut, Gewohnheiten absichtlich zu durchbrechen, wenn sie so nützlich sind?

Gleichzeitig brauchen wir die Fähigkeit, uns anzupassen, wenn sich Umwelt und Lebensbedingungen verändern.

Wenn wir wieder auf die menschliche Evolution schauen, ist es für das Überleben wichtig, aus den eigenen Gewohnheiten und Denkmustern heraustreten zu können. Wenn wir sehr fest in unseren Gewohnheiten sind, ohne von ihnen abzuweichen, können wir Möglichkeiten, die uns spontan begegnen, nicht ergreifen. Wenn wir in Situationen kommen, die für uns neu und unverständlich sind, kommen wir mit unseren gewohnten Reaktionen nicht weiter. Die Definition einer Krise ist, dass gewohnte Lösungsstrategien nicht mehr funktionieren.

Unsere Gewohnheiten haben sich entwickelt, weil sie ein wiederholt nützliches Verhalten in einer Situation waren. Eine andere Frage ist: Sind diese Gewohnheiten langfristig gut oder schädlich? Zähneputzen – gut. Rauchen – gesundheitlich schädlich (obwohl es vorher vielleicht sozial nützlich war oder immer noch ist).

Wenn wir uns darüber bewusstwerden und entscheiden, welche Gewohnheiten wir behalten und welche wir loswerden wollen, beginnt das Training. Jedes Mal, wenn ich einer Gewohnheit folge, stärke ich sie, jedes Mal, wenn ich mich für etwas anderes entscheide, schwäche ich sie. Gewohnheiten zu ändern, ist anstrengend, doch es ist möglich. Ich werde demnächst einen Artikel dazu schreiben, was es uns leichter machen kann.

Wir können lernen, was gut für uns ist und was nicht.

Dadurch, dass alltägliche Handlungen automatisch ablaufen, haben wir mehr Freiraum und Kapazität, andere Handlungen, Gedanken, den Umgang mit neuen Situationen zu entwickeln. Wir können, weil ein Teil von uns automatisch funktioniert, Neues ausprobieren und lernen.
Wenn wir zu sehr in den Gewohnheiten verhaftet sind, haben wir zu wenig Handlungsspielraum, um auf Unvorhergesehenes zu reagieren.
Wenn wir zu wenig Gewohnheiten haben, die unseren Alltag tragen, dann laufen wir Gefahr, ständig in Entscheidungsprozessen zu stecken und nur eingeschränkt handlungsfähig zu sein.
Werden wir uns bewusster, wie wir handeln, können wir besser entscheiden, welche Gewohnheiten sinnvoll sind und welche uns eher einschränken. Wir haben dann die Möglichkeit, etwas anderes auszuprobieren.

In den Feldenkrais-Lektionen trainieren wir unsere Selbstwahrnehmung.

Die Lektionen sind unser Labor: das Wahrnehmen und Spüren, das wir dort lernen, tritt mit der Zeit auch immer mehr in unserem Alltag hervor. Wir verstehen schneller und besser, was gut für uns ist und können deshalb leichter entscheiden, was wir wollen oder nicht wollen.

Durch die Selbstwahrnehmung erkennen wir die Muster, in denen wir uns bewegen. Wir können sie überprüfen, ob sie angenehm sind oder erforschen, ob es eine bessere Lösung gibt. Mit der FELDENKRAIS®-Methode erweitern wir unseren Bewegungsraum, klären unsere Bewegungsmuster oder auch Bewegungsgewohnheiten und verbessern sie. Wir passen sie an uns und die aktuelle Situation an – so wie wir gerade sind und wie wir es gerade brauchen. Wir lernen, gute Gewohnheiten leichter zu machen und ineffiziente Bewegungen zu verändern. 

Ich wünsche Dir Leichtigkeit und Freude im Leben, Deine Evelyn

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